Naturfarbene Baumwolle, Teil 2

Im ersten Teil über naturfarbene Baumwolle hatte ich die Herstellung des Garns aus roher entkernter Baumwollfaser beschrieben. Jetzt soll es um das Weben mit diesem Garn gehen.

Da ich auf dem backstrap loom vorwiegend kettdominante Textilien webe, muß das Webgarn einiges an Abrieb und Zugbelastung aushalten können. Eine große Menge Drall im Garn ist nur eine Möglichkeit, wie man bei Baumwolle die Festigkeit beeinflussen kann. Wenn man das gezwirnte Garn in basischem Wasser kocht und danach unter Zug trocknet, wird es dabei reißfester und läuft etwas ein . Ich habe Natron (ca. 5 g auf 2 l ) ins Wasser gegeben, um es basisch zu machen, Soda wäre auch möglich. Beim Kochen werden außerdem die Farben der farbigen Baumwolle intensiver, hier der direkte Vergleich:

Das fertige Webgarn hat eine Lauflänge von ca. 800 bis 1000 m je 100g, also Nm8 bis Nm10. In wpi sind das bei diesem Garn 32 bis 36, der niedrigere Wert für dunkelbraun und grün.

Für eine kleine Webprobe habe ich die Kette auf dem Gestell geschärt, das ich eigentlich für Webstücke mit unterbrochenen Kettfäden (Tiklla) verwende. Das Garn kam mir beim Schären so vor, als hätte vor allem das Grüne für ein Kettgarn nicht genügend Drall, deswegen habe ich die Kette gleich auf dem Gestell kräftig von beiden Seiten mit Sprühstärke eingesprüht und trocknen lassen.

Kette (Länge 35 cm) auf einer Art Schärrahmen

Nach dem Aufziehen auf den backstrap loom zeigte sich, daß sich mit der nötigen Vorsicht (die Fäden sind sehr dünn) das Garn ganz gut verweben läßt. Man bleibt mit dem Webschwert oder dem Stäbchen mit dem Schußfaden auch gern einmal hängen, mir ist aber deswegen nur ein Kettfaden gerissen.

Die Kettfäden sitzen etwas auf Abstand, 20 Fäden pro cm, der weiße Schußfaden (Nm 20/2, unmercerisierte kommerzielle Baumwolle) scheint etwas durch. Damit sich dabei das Gewebe nicht in der Breite zusammenzieht, habe ich einen einfachen Breithalter benutzt, ein Stück von einer alten Garnspule aus Pappe und zwei Stecknadeln. Balsaholz ist dafür auch bestens geeignet, das war aber alle.

Breithalter auf der Unterseite

In dem Kettgarn steckt jede Menge Zeit und Arbeit, deswegen habe ich das Webstück mit vier festen Seiten hergestellt, um nichts zu verschwenden. Mit Fachbildung konnte ich bis zu einer Lücke von 3 cm weben, danach mußte ich mit Nadeln weitermachen. Stahlstricknadeln Größe 2mm sind gut geeignet, um die dünnen Fäden aufzunehmen und den Schußfaden mit parallel geführte stumpfer Sticknadel ins Fach einzulegen. Die letzte Reihe ist nur mit einer Nadel gewebt.

fertiges Stück Stoff vor dem Bügeln, 34 x 14 cm

Das Schließen der Lücke beansprucht das Kettgarn mehr als das Weben, das grüne Garn ist in diesem Bereich etwas rauh geworden, aber nicht gerissen. Nach dem feuchten Bügeln des Stoffstücks ist das aber kaum noch zu sehen.

Aus dem entstandenen Stoffstück habe ich eine kleine Tasche genäht, bei der die Anfangsschnüre vom Weben auf dem backstrap loom noch sichtbar sind.

Wenn man genau hinsieht, erkennt man auf der Rückseite die letzte Reihe vom Zusammenweben.

letzte Reihe mit doppeltem Schußfaden (Stecknadel)

Fazit dieses Versuches ist: man kann mit den naturfarbenen Pakucho-Baumwollflocken ein kettfähiges Webgarn herstellen, was sich für festen Bekleidungsstoff und Handtücher eignet. Gesponnen aus kardierten Rolags bzw. Punis wird das Garn durch die in der Flocke enthaltenen Knötchen und Noppen nicht sehr gleichmäßig, das fällt in einem fertigen, relativ dichten Gewebe aber kaum auf. Ob der Stoff im täglichen Gebrauch anfängt zu fusseln, wird sich zeigen.

Hier noch etwas zu lesen:

All about Spinning Cotton, Interweave Press LLC, 2011; kostenloser Download über interweave.com

Naturfarbene Baumwolle, Teil 1

Bei der Handspinngilde gab es vor einiger Zeit (für Mitglieder) naturfarbene Baumwolle in der Flocke zu kaufen. Die Baumwolle ist aus Peru und wird unter dem Namen „Pakucho“ vermarktet.

Bei der Firma KnitArt ist sie ebenfalls erhältlich.

Die beiden Neuwelt-Baumwollarten Gossypium hirsutum (Upland Cotton) und Gossypium barbadense (Pima Cotton) liefern nicht nur weiße Fasern, sondern auch Fasern in verschiedenen Braun- und Grüntönen.

Während die weißen Fasern eine mittlere (Upland) bis hohe (Pima) Stapellänge haben, sind die Fasern der farbigen Sorten sehr kurz, oft nur 2 cm. Farbige Baumwolle wurde schon in vorspanischer Zeit in Mittel- und Südamerika zur Herstellung von Webgarnen genutzt, ein Beispiel dafür sind die Stabdoppelgewebe aus der Paracas- und Nazca-Wari-Kultur in Peru.

So ein Doppelgewebe aus farbiger Baumwolle wie im Original, das wäre doch mal einen Versuch wert? Mein Charkha langweilte sich schon einige Zeit im Schrank, also ran an die Fasern! Das böse Erwachen kam jedoch ganz schnell… Während die weiße Baumwolle schön sauber war, ohne zerrissene Fasern und Knötchen, wurde es bei den farbigen Sorten von hellbraun über grün nach dunkelbraun immer schlimmer mit Fremdbestandteilen, Lintern und Knötchen. Das war bei einer Baumwolle, die mit der Hand gepflückt wird so nicht zu erwarten gewesen, ich denke, daß diese Baumwolle auf einer Maschine für langstapelige Fasern unsachgemäß entkernt wurde.

Hier einige Bilder von der Aufarbeitung der Fasern bis zu Punis und Kammzügen:

Trotz sorgfältigem Auslesen der Fremdbestandteile ließen sich vor allem bei der Farbe Chocolate die Knötchen nicht entfernen, sie sind so klein, daß sie auch beim Kämmen durch die Nadeln der Kämme schlüpfen, die nur 2 mm Abstand voneinander haben. Das Garn bekommt dadurch ganz schön „Struktur“, um den unschönen Begriff „fusseliger Strick“ zu vermeiden. Es ist mir nicht gelungen, die farbigen Fasern auf dem Charkha so dünn zu spinnen wie die weiße Baumwolle, der Faden reißt dauernd dort, wo ein Knötchen auftaucht.

Pakucho: zweifach gezwirntes Garn

Gezwirnt habe ich die Fäden auch auf dem Charkha, für so kleine Proben geht das gut, wenn man vorher einen zweisträngigen Ball wickelt. Jetzt habe ich die Stränge gewaschen und mit etwas Natron zur Farbvertiefung 10 min gekocht. Das Ergebnis gibt es dann im zweiten Teil, auch, wie sich das Garn verweben läßt.

Gewebt habe ich über Sommer nicht viel, eine Tasche mit integrierter kleiner Tasche, die ich noch zusammenweben muß.

Dazu noch ein Band als Henkel in der Amapola-Technik:

Band mit Blütenmuster in Amapola-Technik

Ein Galgo Español ist bei uns eingezogen und bringt Leben ins Haus, also jagen auf einem Band die Windhunde Hasen.

Zum Schluß noch ein historisches Bild, was meiner Meinung nach den herrschenden Zeitgeist voll auf den Punkt bringt: