Knotenmuster in drei Techniken

Zur Zeit gefällt mir das Weben der Muster in Baltischer Technik besonders gut, so daß ich noch ein weiteres Band aus Leinen und Wolle angefangen habe.

 

 

Beim Weben kam mir der Gedanke, ob es möglich ist, dieses Muster auch in der sehr ähnlich aussehenden Amapola-Technik, die sich von den baltischen Mustern herleitet,  doppelseitig zu weben. Dazu habe ich das Muster im Loom Pattern Editor (hier) als einseitiges Muster gezeichnet, um zu sehen, ob da überhaupt etwas vernünftiges herauskommt. Und ja, es funktioniert!

 

 

Mir fiel da noch etwas ein….

Vor einiger Zeit habe ich im Internet ein Buch gefunden, was die traditionelle Weberei in den Provinzen Canchis und Melgar in Peru beschreibt. Es heißt „La memoria del tejido: Arte textil e identidad cultural de las provincias de Canchis (Cusco) y Melgar (Puno)“, ist von 2017, die Autorin ist María Elena del Solar. Dort fand ich einen Hinweis, daß es die Baltische Technik doppelseitig in drei Farben, d.h. zwei Musterfarben und eine Grundfarbe, geben soll. Diese Technik ist nicht die Amapola-Technik! Aus Peru habe ich so ein Gewebe noch nie gesehen und in der Fachliteratur auch nichts darüber gefunden. Sollte die Autorin etwas verwechselt haben oder den befragten Weber falsch verstanden? 

„Web-Kommissar“ Bloodhound war auf der Spur!

BloodhoundTrackingLeft_Big

Wie sollte denn das funktionieren, daß das Grundgewebe auf beiden Seiten gleich ist und nur das Muster in der jeweils entgegengesetzten Farbe erscheint? Irgendwann machte es Klick, natürlich, so etwas geht nur mit Doppelgewebe! Da ich die sogenannte Reselektions-Technik im Doppelgewebe vor einiger Zeit schon für die vierfarbigen Komplementärgewebe (siehe Post Mehrfarbig…„) gelernt hatte, probierte ich es so aus. Genau das war es! Eine Beschreibung der Technik findet man oben im Abschnitt „Südamerikanische Webtechniken„.

Hier sieht man das Knotenmuster, Vorder- und Rückseite, in drei Farben doppelseitig.

 

 

Dazu die gesamte Kette mit den für das Weben notwendigen drei Litzenstäben und einem Kreuzstab für den vierten Schaft.

Das Muster muß pro Reihe zweimal eingelesen werden, einmal für die Oberseite und ein zweites Mal im Gegenfach für die Bildung des Unterfachs, um die Rückseite weben zu können. Das dauert ziemlich lange.

Ich würde mich freuen, wenn es jemand gibt, der nach der Anleitung diese Technik ausprobiert; natürlich auch über ein Bild des Ergebnisses!

 

Färben mit Kermesbeeren

Die Indische Kermesbeere (Phytolacca acinosa) enthält wie der Amarant einen Betalain-Farbstoff. Also habe ich versucht, Wolle in einem mit Essigessenz angesäuerten Farbbad auf dieselbe Art wie mit Amarant zu färben. Dazu wurden die gesamten Fruchtstände mit Stielen in einem 10-l-Topf zerdrückt (der Boden war ca. fingerhoch bedeckt) und mit 5 l Wasser und 200g Essigessenz 25% aufgegossen. Die Wolle (Sockenwolle, superwash) kam ohne Vorbeize, lediglich angefeuchtet, mit den Pflanzenteilen 2 Tage ins Farbbad. Nachdem sich der Farbton nicht mehr änderte, habe ich die Wolle herausgenommen. Das Farbbad enthielt noch viel Farbstoff, so daß ich einen weiteren Versuch mit 100 g Corriedale-Kammzug machen konnte. Dafür wurden die Pflanzenteile abgeseiht und die 1 Stunde lang in einem 2,5%-igen Essig vorgebeizte Wolle kam wieder für 2 Tage in das Farbbad.

Färbung Kermesbeere

Im Bild oben sieht man die sehr unterschiedlichen Farbtöne, die der erste und zweite Zug ergeben haben.

Starkes Sonnenlicht mögen diese Färbungen überhaupt nicht.

Lichtechtheit Amarant und Kermesbeere

Die Lichtechtheitsprobe erfolgte an einem sonnigen Tag (UV-Index 4 bis 6) für 10 Stunden in voller Sonne. In den Proben im Bild oben sieht man jeweils links die der Sonne ausgesetzte Hälfte der Probe. Oben und links unten sind die Färbungen mit der Kermesbeere, rechts unten die mit Amarant. Die Farben verblassen deutlich, wenn sie dem Licht ausgesetzt werden, die Amarantfärbung bekommt zusätzlich einen Braunton, was aber auch daran liegen kann, daß sich der Farbstoff in der sommerlichen Wärme zersetzt hat.

Hier noch einmal im Vergleich die Färbungen mit Amarant (oben) und Kermesbeere:

Färbung Amarant und Kermesbeere

Da man diese Farbtöne mit entsprechender Einstellung des pH-Wertes und verschiedenen Vorbeizen auch mit Cochenille färben kann, die besser lichtecht ist, war das hier für mich lediglich ein interessantes Experiment. Wolle zum Weben, wo man viel Zeit hineinsteckt, sollte die Farben im Gebrauch schon einige Zeit halten können.

Färben mit Amarant

Im Garten wächst derzeit eine Menge Roter Amarant (Rispenamarant, Amaranthus cruentus x powellii), der zum Färben geeignet ist. 

Roter Amaranth

Amarant enthält Amaranthin, einen purpurfarbenen Betalain-Farbstoff, verwandt mit dem in der Roten Bete. Der Farbstoff löst sich in kaltem, mit Essig angesäuertem Wasser gut aus den Pflanzenteilen. Leider ist diese Farbe nur wenig lichtecht.

Der Farbstoff des Amarants zersetzt sich bei höheren Temperaturen, Wolle muß man daher kalt färben. Dafür werden die Pflanzen klein geschnitten, für 100 g Wolle habe ich 2 große Pflanzen genommen, und in 5 l Wasser und 250 g 25%iger Essigessenz angesetzt. Eine Vorbeize der Wolle ist nicht notwendig. Die Wolle (Sockenwolle, superwash) habe ich gleich mit in den Topf gelegt, die Pflanzenreste lassen sich nach dem Färben gut ausschütteln.

Amaranthfärbung

Danach heißt es Geduld haben, der Topf stand 5 Tage lang bei Raumtemperatur, bis sich der Farbton auf der Wolle nicht mehr geändert hat. Die Wolle wurde täglich gewendet, nach dem Färben gut gespült und im letzen Spülbad mit Essig abgesäuert.

Eine Lichtechtheitsprobe werde ich noch machen, mal sehen, wie lange das schöne Pink so bleibt.

Die Kermesbeere im Garten ist auch fast reif, sie enthält ebenfalls einen Farbstoff aus der Betalain-Gruppe und ist der nächste Kandidat für einen Färbeversuch dieser Art.

Kermesbeere

Webtechniken

Dem Blog habe ich heute einen neuen Unterpunkt „Südamerikanische Webtechniken“ hinzugefügt.

Hier möchte ich nach und nach Techniken vorstellen, die mir besonders aufgefallen sind oder über die noch nichts, vor allem nichts deutschsprachiges,  veröffentlicht ist. Die Beschreibungen sind aus der Sicht einer Praktikerin und haben keinen wissenschaftlichen Anspruch.

Für konstruktive sachliche Hinweise zu Fehlern in meinen Texten oder für weitere Informationen zu den beschriebenen Techniken bin ich sehr dankbar.

Baltische Bänder crossover

Nachdem sich Anfang des Jahres nur sehr wenige Teilnehmer zum Weben mit dem backstrap loom eingefunden hatten und der geplante Spinnkurs mangels Nachfrage ausfiel, wollte ich eigentlich keine Webkurse mehr anbieten. Sachen, die etwas länger dauern, sowohl zu lernen als auch dann auszuführen, widersprechen scheinbar dem Zeitgeist und sind nicht von großem Interesse.

Nun ist doch noch ein Kurs zum Thema Baltische Bänder geplant, er findet Ende Januar im Museum „Die Weberei“ in Oederan statt.

Da ich die Einlesemuster schon vor längerem gelernt habe und nicht mehr viele Bänder davon vorhanden waren,  musste ich jetzt also ein paar neue machen. Hier einige aus Baumwoll-Häkelgarn mit Mustern aus Südamerika und Europa:

Baltic pickup bands

Traditionell sind die Bänder aus Leinen für die Ränder und den Hintergrund sowie aus  Wolle für die Musterfäden. Rote Wolle 30/2 hatte ich noch da und diese doppelt genommen (verzwirnt) als Musterfaden auf einer Leinenkette Nm 30/3 verwendet. Das Muster besteht aus einer (Kartoffel-)Blüte aus Peru und einem europäischen Flechtmuster.

Flowers and Plaits in progress

Wolle und Leinen verhaken sich gern miteinander, deshalb hält eine coil rod (oberes Bildende) die Kettfäden auseinander. Die Astgabel ist ein etwas rustikaler Ersatz für die Kreuzstäbe und soll nur zeigen, daß man auch ohne Kamm oder Inkle Loom, mit Stöckchen vom nächsten Strauch,  solche Bänder weben kann.

Das Probeband für das Leinen- und Wollgarn verziert jetzt einen Werkzeugbeutel.

Toolbag

An den baltischen Mustern liebe ich, daß es durch die regelmäßig zwischen den Musterfäden erscheinenden Fäden des Grundgewebes gut ersichtlich ist, wo es in der nächsten Reihe mit dem Muster weitergeht und man sich wiederholende Abschnitte gut von den schon gewebten ablesen kann und nicht immer auf die Vorlage sehen muß.

Das funktioniert auch bei der dreifarbigen litauischen Technik und so geht es mit diesem Gürtel gegenüber einem mit nur Komplementärmustern flott voran.

Belt Chili

Das was nicht so schnell geht und wo ich erst einmal eine halbe Stunde weben muß, um in einen Rhythmus zu kommen, hebe ich mir für den nächsten Winter auf. Die Kette ist 40 cm breit und besteht aus doppelt genommener Wolle Nm30/2. Diese dünnen Fäden beim Fachwechsel nicht zu zerreißen ist eine Herausforderung, aber mit Geduld funktioniert es.

Rot und Schwarz Anfang bearbeitet Kopie

 

 

For Eyes Only – oder sind die Augenmuster doch nicht so ein Geheimnis?

 

Im Backstrapweaving-Forum fragte vorige Woche eine Teilnehmerin nach dem Chichilla-Muster.

Das ist eine Form der Augenmuster – ähnlich ñawi awapa – die in der traditionellen Weberei Südamerikas für Gewebekanten oder Schnuren benutzt werden.

Chichilla Nilda

Bildquelle: „Secrets of Spinning, Weaving and Knitting in the Peruvian Highlands“; Nilda Callañaupa Alvarez; Fotos von Diana Hendrickson

Ich kannte das Muster zwar aus Nildas Buch und hatte schon einmal daran gedacht es zu weben, es war aber nichts, was ich unbedingt gleich ausprobieren mußte. Das sollte sich ganz schnell ändern.

Laverne meinte auf die Frage im Forum, daß sie dieses Muster vielleicht später einmal veröffentlichen will  und es in manchen ihrer Workshops lehrt. Allerdings nur an Leute, „die dazu schon bereit sind“.

Diese Aussage weckte meinen inneren Bloodhound!  Ich hatte früher in der Schule schon immer ein Problem mit Lehrern, die meinten: „Das verstehst du noch nicht! / Dazu bist du noch zu klein! / Das lernst du irgendwann später!“ usw . Hörte ich so etwas, dann stürzte ich mich auf die Bücher wie der Bluthund auf die Fährte und wollte es erst recht wissen.

 

 

 

Das Ergebnis diesmal:

Chichilla

 

Die Sache hat eine kleine Vorgeschichte:

Anfang 2016 hatte ich bei ClothRoads einen Artikel über das ñawi-awapa Muster gelesen, es gefiel mir, aber ich fand keine Anleitung.

Spindle bag 2 Kopie

Bild: Ñawi awapa als Gewebekante an einer Tasche

Die Bücher von Adele Cahlander hatte ich damals noch nicht. Glücklicherweise war im Internet-Artikel der Einzug auf den Kreuzstäben abgebildet. Da ich von Bildern archäologischer Funde aus Peru wußte, daß manche Gewebe mit versetzten Kettfäden hergestellt wurden, kam mir der Gedanke, daß es hier genauso funktionieren mußte, da sich rein aus dem Einzug das Muster nicht ergeben konnte. Nach etwa einer Woche probieren hatte ich es heraus, das Ergebnis war dann auch gleich eine Anleitung auf deutsch, die aber bis heute nicht veröffentlicht ist und nur für ein paar Freunde gedacht war. Als Nilda Callañaupa Alvarez 2017 in ihrem Buch „Secrets of Spinnig, Weaving and Knitting in the Peruvian Highlands“ die Anleitung auf Englisch publizierte, konnte ich vergleichen, ob ich richtig lag. Bis auf kleine Details, die aber am Ergebnis nichts änderten, hatte ich es tatsächlich geschafft.

Natürlich werde ich Laverne hier nicht in den Rücken fallen und eine Anleitung für Chichilla posten. Aber einige Hinweise geben, wie jeder selbst solche Dinge analysieren kann, wenn keine Anleitung veröffentlicht ist.

Am Anfang versuche ich immer, soviel wie möglich Informationen über das Muster zu sammeln, also vor allem gut aufgelöste Fotos des Musters und wenn möglich, des Einzuges und von Zwischenstadien beim Weben, z.B. welche Fäden gerade auf dem Webschwert sind; ob und wie viele verschiedene Litzenbündel benutzt werden. Dann sehe ich mir das Muster an und bestimme die verwendeten Fadenpaare und ihre Farben pro Reihe. Dabei achte ich darauf, welche Fäden im nächsten Fach abbinden und welche flottieren. Bei den Augenmustern ist es wichtig, zu sehen in welcher Richtung die Fäden einer Farbe / eines Fadenpaares im nächsten Fach verlaufen, sofern sie dabei abbinden. Das kann bestimmen, ob der Fachwechsel eines Fadenpaares links oder rechts vom Faden des vorhergehenden Faches erfolgt und hier vielleicht ein Dreher gemacht werden muß, wenn der Einzug diese Richtung nicht schon vorgibt.

Das Auseinander- und Zusammengehen der Augen kann sich nicht nur durch den Verlauf der Außenlinien sondern auch aus dem Einfügen von zusätzlichen Fäden zwischen die äußeren (flottierenden) Begrenzungsfäden des Auges ergeben, zum Beispiel durch das Hinzufügen der Fäden des Mittelpunktes, die sonst unsichtbar im inneren des Gewebes verlaufen. Die Gewebekanten mit Augenmuster sind so angelegt, daß der Schußfaden nur von einer Seite eingelegt wird, sich also ein schlauchförmiges Band um die Kante herum ergibt, in dem nicht benutzte Fäden verborgen sind.

Wenn ich alle o.g. Informationen gesammelt, das Muster reihenweise als farbige Kästchen aufgezeichnet habe und keine Kenntnisse über den verwendeten Einzug vorhanden sind, versuche ich, die Fadenpaare von links nach rechts entsprechend ihren Farben und ihrem Auftauchen im Gewebe auf zwei Kreuzstäben anzuordnen (geht ganz gut in Excel). Dann sehe ich mir die Reihen des Musters an. Dabei wird auffallen, daß pro Reihe manche Farben benutzt werden, manche nicht. Dann vergleiche ich das wieder mit dem Einzug auf den Kreuzstäben und kann bei dem am besten dazu passenden Kreuzstab sehen, welcher Faden benutzt und welcher in Innere verlegt wird, ob ein Dreher nötig ist und ob Fäden z.B in die Mitte eines Auges  versetzt werden müssen. Das mache ich dann Reihe für Reihe im Muster, im besten Fall ergibt sich ein sauberer Einzug ohne Dreher für vier Litzenbündel wie bei Chichilla oder eine etwas komplexere Anleitung mit Drehern und Fadenversatz von Hand wie bei ñawi awapa.

Bruder Murúas Rätsel

Vor einiger Zeit las ich einen Artikel von Lynn Meisch im Natural History Magazine. Sie beschrieb Forschungsarbeiten zu einem Webmotiv auf sogenannten Fajas de Sara, das in Peru von der Zeit der Inkas bis jetzt benutzt wird. Erstmalig dokumentiert wurde es im 16. Jahrhundert zur spanischen Kolonialzeit vom Missionar Martín de Murúa, allerdings in einer sehr kryptischen Form. Im Artikel sind die Motive in einem Fundstück aus der Inka-Zeit und in Gürteln aus der heutigen Zeit abgebildet.

Irgendwo hatte ich das schon gesehen. Laverne Waddington hatte 2016 in ihrem Blog eine Weberin aus San Ignacio de Loyola (Peru) abgebildet, die Gürtel mit eben diesem Motiv und vielen Litzenstäben anfertigt.

Also versuchte ich, mit Hilfe des o.g. Artikels und den Fotos darin aus Murúas Zahlen und Buchstaben einen Webbrief zu machen. Das hatte laut Artikel  zwar die Wissenschaftlerin Sophie Desrosiers vor Jahren schon getan, eine Veröffentlichung konnte ich jedoch nicht finden. Das Muster war zunächst völlig verschoben und hatte nur in Ansätzen etwas mit dem auf den Gürteln gemeinsam. Mit einem Hinweis aus Lavernes Blog, daß die Weberin eine Intermesh-Technik benutzt und einer Vergrößerung der Artikelfotos fügte sich dann alles zusammen.

 

Sara Belt Rekonstruktion

Buntes Acrylgarn, wie es in Peru heute benutzt wird,  war schnell beschafft und nachgezwirnt, so daß ich das Muster auf einer kurzen Kette zunächst probehalber ohne die vielen Litzenstäbe von Hand – nur mit den zwei Intermesh-Reihen in Litzen – eingelesen habe. Daraus ist (mal wieder) ein Backstrap entstanden.

Sara Backstrap 1

Frech geworden wollte ich es nun wissen. Also 3 m Kette geschärt und 14 Litzenstäbe angebracht! Mir grauste es ein wenig vor dem Öffnen der Fächer mit den entfernt liegenden Litzenstäben, das geht aber besser wie gedacht.

Sara Belt Kette

 

Das Motiv (Sara – Quechua für Mais) wird von Textilhistorikern als Maiskörner interpretiert, die gerade austreiben und bewässert werden. Die Gürtel mit dem Sara-Motiv wurden bei Feierlichkeiten und religiösen Handlungen der Inkas bei der Aussaat von Mais getragen.

Das nachfolgende kurze Video zeigt das Weben eines solchen Bandes mit 14 Litzenstäben. 

Mehrfarbig – mit und ohne Plan

Im backstrapweaving-Forum auf Ravelry habe ich vor zwei Wochen einen Hinweis auf eine sehr interessante Anleitung von Annie MacHale zum Weben dreifarbiger Muster gefunden. Sie hat einseitige dreifarbige Webmuster von litauischen Gürteln analysiert und herausgefunden, wie diese gewebt werden. Der Einzug für diese Muster kam mir bekannt vor. Ich habe eine Manta aus dem Gebiet um Lares / Peru, bei der die Kette für  ein dreifarbiges Komplementärmuster auf genau diese Art geschärt war. Dieses Muster konnte ich jedoch bisher nicht weben.

Einzug dreifarbig Kopie  Musterbereich in Leinenbindung

chilli-chilli-dreifarbig-kopie.jpg

dreifarbiges Muster mit diagonalem Farbverlauf

Annies Anleitung ist für Muster, die nicht komplementär sind. Die Unterseite zeigt das melierte Grundgewebe und in den Musterbereichen ist der Schußfaden sichtbar.

Es war jedoch nicht schwierig herauszufinden, wie man das Muster (so wie in der Manta) auch auf die Unterseite bekommt.

Hier die Bilder vom nachgewebten Muster, Vorder- und Rückseite:

Das ist die Weberei „ohne Plan“ 😉 . Es ist nur schwer möglich, diese Muster in einem Webbrief so aufzuzeichnen, daß das Ganze nicht verwirrend ist. Das Muster lebt von den Flottierungen, das Hintergrundgewebe ist durch sie verdeckt. Natürlich kann man es fadengenau – für jeden Faden ein Kästchen – darstellen, bekommt aber dann durch das Hintergrundgewebe eine Ansammlung bunter Kleckse, die einen vor allem dann durcheinanderbringt, wenn man versucht, wie bei pebble weave  zu zählen. Wenn man den Aufbau der Muster einmal verstanden hat, kann man problemlos nach Foto oder einem fertigen Stück Stoff als Vorlage weben.

 

Mit drei Farben ist aber noch mehr möglich. In (1)  und (2) sind einige Arten beschrieben.

Zunächst das nicht komplementäre dreifarbige pebble-weave Muster (analog Band 15 in (1)). Dieses ist einseitig, die Unterseite zeigt das Muster nicht klar, dafür ist es nicht so schwierig zu weben.  Das Muster ist von einem Foto eines präkolumbischen Textils der Sammlung der Universität Erlangen (aus einer Veröffentlichung über experimentelle Archäologie) abgezeichnet.

Fisch dreifarbig Vorderseite Vorderseite

Fisch dreifarbig Rückseite Rückseite

Fisch Webbrief Webbrief

Das angefangene Muster im oberen Teil des Bandes ist komplementär analog der Beschreibung für Band 17 in (1) gewebt. Hier handelt es sich schon um eine spezielle Art Doppelgewebe, das Muster erscheint gegengleich auf Vorder- und Rückseite. Diese Webart ist deutlich schwieriger, da für das Muster auf der Unterseite ein zweites Fach in den richtigen Farben gebildet werden muß.

In (2) ist das Weben doppelseitig komplementär gemusterter  Textilien mit noch mehr Farben beschrieben, hier ein Beispiel mit vier Farben:

 

Das mittlere Bild zeigt alle 8 möglichen Farbvarianten. Das Schären der Kette und das Anbringen der Litzen braucht viel Zeit, das Weben geht durch die doppelte Fachbildung und das Einlesen der Muster sehr langsam. Die unteren zwei Bilder zeigen gegenüberliegende unterschiedliche Motive auf Vorder- und Rückseite des Bandes, die Stecknadel dient als Anhaltspunkt. Auch das ist möglich, es ist einfacher, als die in (2) beschriebene komplizierte Technik, dauert aber.

Auf einer Webseite habe ich ein im Original dreifarbiges Muster einer mythischen Figur auf einer Ch’uspa (Tasche für Kokablätter) gefunden. Die Tasche ist aus präkolumbischer Zeit – Chimu- oder Chancay-Kultur – und in der Art des oben gezeigten einseitigen Fischmusters gewebt.

Ich habe daraus ein vierfarbiges Muster gemacht, bei dieser Breite kann man in der Stunde maximal 2 bis 3 cm weben.

 

Frog front Kopie 2 Vorderseite

 

Frog back Kopie 2 Rückseite

 

Frosch 84MF Kopie  Webbrief

 

(1)  „The Art of Bolivian Highland Weaving“ von Adele Cahlander und Marjorie Carson;  1976

(2) „Double-Woven Treasures from Old Peru“ von Adele Cahlander und Suzanne Baizerman; 1985

Färbefest 2018

Dieses Jahr fand am 25. August in Neckeroda / Thüringen das 20. Färbefest statt. Das im 13. Jahrhundert gegründete Dorf im Weimarer Land ist von drei Seiten mit einer Wallanlage aus dem 17. Jahrhundert umgeben und wirkt daher sehr in sich geschlossen.  Auf den Straßen im Ortskern und in privaten Höfen wurden handwerklich hergestellte Dinge verkauft, Handwerk vorgeführt und Musik gemacht.

Blick ins Dorf

Viele Eigentümer pflegen und erhalten die alte Bausubstanz.

Fachwerkhaus

Im Ort befindet sich ein Färbezentrum, der hier ansässige Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Färben mit Pflanzen wiederzubeleben und vor dem Vergessenwerden zu bewahren. Vor der massenhaften Einführung des Indigo aus Kolonien nach Europa war Thüringen ein Zentrum des Anbaus von Färberwaid.

Die Handspinngilde war auch wieder vor Ort, um das alte Handwerk des Spinnens mit Spinnrad und Handspindel vorzuführen.

Handspinngilde Vorfuehrung

Dazu hatte ich noch eine kleine Ausstellung mit pflanzengefärbter Wolle, handgesponnenem Webgarn und einigen auf dem backstrap loom gewebten Sachen  gemacht.

Ausstellung Maja

Da das Wetter nicht schlecht war, bin ich mit der angefangenen Tasche aus Wolle auf dem Gurtwebgerät rausgegangen und habe ein Stück gewebt. Viele Leute waren sehr neugierig und erstaunt, daß man auch ohne großen Aufwand Muster weben kann. Einige wenige hatten diese Technik während einer Reise durch Peru schon gesehen.

Es gab auch Kommentare, bei denen ich mir einen passenden Spruch sehr verkneifen mußte: „Mutti, was macht die Frau?“ „Sie strickt.“ oder „Was für eine Strafarbeit!“ oder „Wenn ich das eine halbe Stunde machen müßte, könnten sie mich in die Klapsmühle bringen!“

Bei vielen überwog dann aber das Entsetzen, wie lange das Weben auf diese Weise dauert. Einige fingen an zu rechnen, was das dann kosten würde.

So ist der Zeitgeist.

 

Festes Garn

Eine kleine Tasche, die seit dem Weberforum in Oederan im Juni angefangen herumlag, ist endlich fertig geworden. Eigentlich webe ich nicht so gern mit einem so dicken Baumwollgarn (Carina von G-B-Wolle), aber ich wollte beim Weberforum einigen Leuten zeigen, wie die doppelseitigen Muster gebildet werden und bei stärkerem Garn  ist gut zu sehen, was man mit den Fäden macht.

kleine Taschekleine Tasche mit Mass

Die Tasche ist ausgehend von beiden Anfangsfäden auf dem backstrap loom gewebt, der in der Mitte übrig gebliebene ungewebte Teil wurde zu den Fransen gedreht. Die Anfangsfäden und die Knoten für die Farbwechsel sind unter dem Einfaßband aus Wolle verborgen. Das Henkelband wurde mit 3 Litzenbündeln und 1 Fachschlinge gewebt.

Das Ganze ist ein Test für eine ähnliche Tasche aus selbst gesponnenem Garn (letztes Bild im vorigen Post), wo ich nichts von der Kette verschwenden möchte.