Alpakawolle

Jetzt webe ich schon einige Zeit in der baltischen Technik und es fängt an, mir richtig gut zu gefallen. Das liegt auch daran, daß es schneller geht als die Muster in Komplementärtechniken, die ich sonst webe. Muß wohl ein bißchen die Faulheit sein… 😏

Im letzten Jahr habe ich einiges an naturfarbener Alpakawolle gesponnen, schon mit dem Gedanken im Hintergrund, daraus etwas zu weben. Deshalb ist das Garn sehr fest gesponnen und im Vergleich zu einem Strickgarn stark gezwirnt, das Kettrips-Weben auf dem backstrap loom beansprucht die Fäden sehr.

Webgarn Alpaka

Die Lauflänge liegt irgendwo zwischen 500 und 600 m /100g gezwirntes Garn, genau nachgemessen habe ich es nicht. Durch die starke Zwirnung ist das Garn sehr elastisch und gleicht kleine Fehler in der Kettfadenspannung gut aus.

Auf dem Webgerät sieht es dann so aus:

Schal beim Weben

Das Muster in der Mitte hat 63 Musterfäden, die vom Rand nach der Mitte einen Farbverlauf von schwarzbraun nach grau haben. Als ich so etwas das erste Mal auf einem Gewebe aus Peru gesehen habe, dachte ich, daß das eine Hilfe ist, um im Muster die Übersicht zu behalten. Beim Weben habe ich jedoch gemerkt, daß diese Farbwechsel rein ästhetische Gründe haben, im Muster orientiert man sich an den Verläufen der Diagonalen, nicht an den Farben.

Die Randmuster sind in einer anderen Technik, modifizierter Intermesh, gewebt. Dafür benutzt man normalerweise ein temporäres Fadenkreuz auf zwei Webschwertern. Da man das aber für das Hauptmuster nicht braucht, habe ich es ohne versucht, die Weber in Peru können es schließlich auch. Ganz schön schwierig! Es gab am Anfang einiges an Fehlern bis ich gelernt hatte, die zusammengehörigen Fadenpaare an der Weblinie zu erkennen.

Das Weben mit einem Einlesestab („pallana“ auf Quechua) nach einem Vorbild aus Peru  war am Anfang auch sehr gewöhnungsbedürftig. Mit diesem Stab kann man Muster über die gesamte Breite des Gewebes einlesen, ohne die Musterbereiche abschnittsweise auf ein Stäbchen nehmen zu müssen und danach auf ein schmales Webschwert abzulegen, welches meist im Weg hängt.

Pallana

Der Stab mit einer gebogenen Spitze wird in das gerade geöffnete Fach eingelegt und mit der rechten Hand von rechts neben dem Gewebe geführt. In den Musterbereichen hilft die linke Hand, die Musterfäden zu separieren und auf die Spitze des Stabes zu heben. Durch die Form der Spitze fällt nichts herunter, wenn man mit ihr Fäden aus der unteren Lage des Gewebes aufliest. Der Pallana ist mindestens 20 cm länger als das Webstück breit ist. Wenn man mit Einlesen am linken Rand des Gewebes angekommen ist, kann man den Schußfaden sofort parallel zum Stab einlegen, diesen herausziehen, das Fach wechseln und anschlagen. Das erspart einiges „Gebastel“ mit den Webschwertern.

Zum Einlesen von Komplementärmustern ist der Stab meiner Meinung nach nur bedingt geeignet, da hier die Musterfäden viel dichter nebeneinander liegen. In den schmalen Intermesh-Mustern am Rand des Schals geht es, für breitere Muster dieser Art würde ich ihn jedoch nicht empfehlen. Das kann natürlich auch an mangelnder Übung liegen…

Das Muster heißt Tawa T’ika, vier Blüten, und stammt aus der Gegend um das Sacred Valley nördlich von Cusco.

Tawa T'ika

Vier Musterfarben – Schritt für Schritt

Wie im vorigen Post schon angekündigt, habe ich die einzelnen Schritte zum Weben der vierfarbigen Muster fotografiert und mit einer Kurzbeschreibung versehen.

Welche Schritte nötig sind, um die Kette aufzuteilen und den einzelnen Schäften / Litzenstäben zuzuordnen, steht hier: vier Musterfarben Einzug und Kette aufteilen

Die ganze „Bildergeschichte“, für deren Verständnis und zum Nachmachen gute Kenntnisse im warp-faced double weave notwendig sind:

Baltische Technik vierfarbig PDF

Für ein Video ist es zur Zeit drin zu dunkel, das muß ich später einmal draußen aufnehmen, wenn das Wetter es zulässt.

 

Baltische Technik mit vier Musterfarben

Das hat mir einige schlaflose Nächte bereitet. Nachdem ich herausbekommen hatte, wie man in der baltischen Technik (baltic pickup, ley pallay) das Muster auf beide Seiten bekommt (Doppelseitige Baltische Technik in drei Farben), wollte ich wissen, ob da noch mehr geht. Dazu mußte ich mir wieder ins Gedächtnis rufen, wie bei einer Reselektionstechnik mit mehr als drei Farben das Unterfach im Doppelgewebe durch Aufnehmen der nicht benötigten Musterfäden im Gegenfach gebildet wird. Das ist etwas Mathematik, Boolesche Algebra, schön, daß man mal anwenden kann, wobei man sich früher gelangweilt hat.

Muster Vorder- und Rückseite

Das Bild oben zeigt Vorder- und Rückseite eines Knotenmusters mit 27 Musterfäden in dieser Technik. Am Anfang verdrehten sich auf der Unterseite immer die Musterfäden miteinander, weswegen ich diese Fäden hinter den Schäften der Reihe nach auf eine coil rod gewickelt habe. Angenehmer Nebeneffekt davon ist, sollte es einmal Schwierigkeiten mit zu wenig Spannung der Musterfäden geben, kann man diese über die coil rod einfach etwas fester ziehen. Beim Einlesen des Gegenfachs muß man trotzdem aufpassen, daß man die Fäden immer in der gleichen Abfolge aufnimmt oder herunterdrückt, um Verdrehungen zu vermeiden.

Das Weben dieser Muster braucht Zeit und viel Geduld. Zuerst öffnet man das Fach mit den Grundmusterfäden (background), das gerade dran ist. Dann bringt man Farbe für Farbe an ihren Platz, indem man den Litzenstab mit den Fäden einer Farbe hebt und zu den Grundmusterfäden die Farbfäden an die dem Muster entsprechenden Stellen addiert. Das macht man mit allen Farben, die Stellen ohne Musterfaden bleiben frei, hier ist später der Schuß zu sehen. Damit hat man erst einmal das Oberfach und kann den Schußfaden einlegen. Das Einlesen des Gegenfachs, um die Unterseite weben zu können, erfolgt ähnlich wie bei der baltischen Technik mit zwei Musterfarben, nur daß man hier vorher für sich festlegen muß, welche Farbe komplementär zur obenliegenden sein soll, da man dafür die drei anderen Farben zur Auswahl hat. Diese Farbe erscheint dann im Muster auf der Rückseite. Die nicht benötigten Farben flottieren im Inneren des Gewebes. Bei meinem Beispiel sind die Komplementärpaare gelb-grün sowie rot-blau, insgesamt 12 Kombinationen sind für einen Punkt im Muster möglich.

Im folgenden Bild ist die gesamte Kette zu sehen.

gesamte Kette vorn -Anmerkungen

In nächster Zeit werde ich noch eine Bilderserie machen, die die einzelnen Schritte der Musterbildung erläutert, vielleicht auch ein Video dazu, falls mir das gelingt.

30.12.19

Als kleiner Nachtrag noch ein Bild dazu, wie die Kette aufgebaut ist:

In dieser Anleitung (hier) ist am Beispiel einer Kette mit 5 Musterfäden erläutert, wie man die Schäfte aufteilt und die Farbfäden auf der coil rod anordnet.

Webkurs Baltische Bänder

Blumen und Flechtmuster Kopie

Wie ich vor einiger Zeit in diesem Post schon angekündigt hatte, findet Ende Januar im Museum Oederan ein Kurs zum Weben in der Baltischen Technik statt. Damit das Ganze am Anfang nicht so schwierig ist, beginnen wir mit nur wenigen Musterfäden und weben ein Band mit Mustern aus dem früheren Ostpreussen. Die Kursteilnehmer erhalten Mustervorlagen, aus denen sie ihr erstes Webmuster auswählen können.

Flyer Baltische Bänder

Da der Kurs über zwei Tage geht, ist genügend Zeit, auch über andere Ausführungen dieser Technik zu sprechen, zum Beispiel, wie man die Muster auf dem Inkle Loom webt oder bei breiteren Geweben mit Schnurlitzen oder Schäften auf dem Webstuhl arbeitet.

Anmelden kann man sich im Museum „Die Weberei“ in Oederan mit diesem Formular: Anmeldung Kurse 2020

Einen Übersicht über die weiteren vom Museum angebotenen Kurse gibt es hier:       Kurse 2020

Ein Besuch im Museum in Oederan lohnt sich auf jeden Fall auch einfach mal so, vor allem mit Kindern, für die es auch spezielle Angebote gibt. Viele der ausgestellten Webstühle sind voll funktionsfähig und nach Absprache und einem kleinen Obolus können einige bei entsprechenden Vorkenntnissen auch für eigene Projekte genutzt werden.

Wenn man mit der Baltischen Technik nicht nur Bänder und Gürtel weben möchte, kann man sie auch gut in breitere Webstücke integrieren. Ich webe damit gerade einen Schal aus Alpakawolle mit einem Motiv aus den Anden, es heißt „Ch’aska“, Quechua für Venus bzw. den Morgen- oder Abendstern.

Schal blau

Für den Schal habe ich gekaufte Alpaka-Strickwolle (blau, 400m/100g) stark nachgezwirnt, da sich sonst die weiche Strickwolle beim Weben von Kettrips  auflöst. Die Farbtöne für den Musterbereich sind natürliche Farben der Alpakas und in der Stärke passend zur blauen Wolle handgesponnen. Der Schußfaden ist aus weicher Wolle zum Stricken, damit der Schal sich nach dem Weben nicht so stark verzieht und das Gewebe außerdem nicht bretthart wird. Ravelry-Nutzer können hier noch einige Details zum Projekt erfahren.

Das Weben von Alpakawolle auf dem backstrap loom ist nicht ganz einfach, da die Wolle haarig ist und die Kettfäden durch die hohe Fadendichte aneinander hängen bleiben. Deswegen habe ich -im Gegensatz zu einem reinen Kettrips- die Fäden beim Anweben mit Hilfe der Kreuzstäbe ein wenig auf Abstand gesetzt, beim genauen Hinsehen scheint der Schußfaden in den blauen Bereichen etwas durch. In der englischsprachigen Literatur bezeichnet man das als „warp-predominant“. Es gibt unterschiedliche Ansichten darüber, ob das bei traditionellen Kettrips-Textilien aus den Anden ein Zeichen minderer Qualität ist oder nicht. Es erleichtert auf jeden Fall den Fachwechsel sehr und wird von den Webern in Peru auch für Webstücke zum Eigengebrauch angewendet, nicht nur für schnell und billig hergestellte Sachen zum Verkauf an Touristen. Die weniger dichte Lage der Kettfäden mindert die Steifigkeit des Gewebes, die zwar bei einer Tasche oder einem Tragetuch durchaus erwünscht sein kann, bei einem Schal aber nicht. Meiner Meinung nach kommt es darauf an, wofür das Webstück später verwendet werden soll.

 

Knotenmuster in drei Techniken

Zur Zeit gefällt mir das Weben der Muster in Baltischer Technik besonders gut, so daß ich noch ein weiteres Band aus Leinen und Wolle angefangen habe.

 

 

Beim Weben kam mir der Gedanke, ob es möglich ist, dieses Muster auch in der sehr ähnlich aussehenden Amapola-Technik, die sich von den baltischen Mustern herleitet,  doppelseitig zu weben. Dazu habe ich das Muster im Loom Pattern Editor (hier) als einseitiges Muster gezeichnet, um zu sehen, ob da überhaupt etwas vernünftiges herauskommt. Und ja, es funktioniert!

 

 

Mir fiel da noch etwas ein….

Vor einiger Zeit habe ich im Internet ein Buch gefunden, was die traditionelle Weberei in den Provinzen Canchis und Melgar in Peru beschreibt. Es heißt „La memoria del tejido: Arte textil e identidad cultural de las provincias de Canchis (Cusco) y Melgar (Puno)“, ist von 2017, die Autorin ist María Elena del Solar. Dort fand ich einen Hinweis, daß es die Baltische Technik doppelseitig in drei Farben, d.h. zwei Musterfarben und eine Grundfarbe, geben soll. Diese Technik ist nicht die Amapola-Technik! Aus Peru habe ich so ein Gewebe noch nie gesehen und in der Fachliteratur auch nichts darüber gefunden. Sollte die Autorin etwas verwechselt haben oder den befragten Weber falsch verstanden? 

„Web-Kommissar“ Bloodhound war auf der Spur!

BloodhoundTrackingLeft_Big

Wie sollte denn das funktionieren, daß das Grundgewebe auf beiden Seiten gleich ist und nur das Muster in der jeweils entgegengesetzten Farbe erscheint? Irgendwann machte es Klick, natürlich, so etwas geht nur mit Doppelgewebe! Da ich die sogenannte Reselektions-Technik im Doppelgewebe vor einiger Zeit schon für die vierfarbigen Komplementärgewebe (siehe Post Mehrfarbig…„) gelernt hatte, probierte ich es so aus. Genau das war es! Eine Beschreibung der Technik findet man oben im Abschnitt „Südamerikanische Webtechniken„.

Hier sieht man das Knotenmuster, Vorder- und Rückseite, in drei Farben doppelseitig.

 

 

Dazu die gesamte Kette mit den für das Weben notwendigen drei Litzenstäben und einem Kreuzstab für den vierten Schaft.

Das Muster muß pro Reihe zweimal eingelesen werden, einmal für die Oberseite und ein zweites Mal im Gegenfach für die Bildung des Unterfachs, um die Rückseite weben zu können. Das dauert ziemlich lange.

Ich würde mich freuen, wenn es jemand gibt, der nach der Anleitung diese Technik ausprobiert; natürlich auch über ein Bild des Ergebnisses!

 

Webtechniken

Dem Blog habe ich heute einen neuen Unterpunkt „Südamerikanische Webtechniken“ hinzugefügt.

Hier möchte ich nach und nach Techniken vorstellen, die mir besonders aufgefallen sind oder über die noch nichts, vor allem nichts deutschsprachiges,  veröffentlicht ist. Die Beschreibungen sind aus der Sicht einer Praktikerin und haben keinen wissenschaftlichen Anspruch.

Für konstruktive sachliche Hinweise zu Fehlern in meinen Texten oder für weitere Informationen zu den beschriebenen Techniken bin ich sehr dankbar.

Baltische Bänder crossover

Nachdem sich Anfang des Jahres nur sehr wenige Teilnehmer zum Weben mit dem backstrap loom eingefunden hatten und der geplante Spinnkurs mangels Nachfrage ausfiel, wollte ich eigentlich keine Webkurse mehr anbieten. Sachen, die etwas länger dauern, sowohl zu lernen als auch dann auszuführen, widersprechen scheinbar dem Zeitgeist und sind nicht von großem Interesse.

Nun ist doch noch ein Kurs zum Thema Baltische Bänder geplant, er findet Ende Januar im Museum „Die Weberei“ in Oederan statt.

Da ich die Einlesemuster schon vor längerem gelernt habe und nicht mehr viele Bänder davon vorhanden waren,  musste ich jetzt also ein paar neue machen. Hier einige aus Baumwoll-Häkelgarn mit Mustern aus Südamerika und Europa:

Baltic pickup bands

Traditionell sind die Bänder aus Leinen für die Ränder und den Hintergrund sowie aus  Wolle für die Musterfäden. Rote Wolle 30/2 hatte ich noch da und diese doppelt genommen (verzwirnt) als Musterfaden auf einer Leinenkette Nm 30/3 verwendet. Das Muster besteht aus einer (Kartoffel-)Blüte aus Peru und einem europäischen Flechtmuster.

Flowers and Plaits in progress

Wolle und Leinen verhaken sich gern miteinander, deshalb hält eine coil rod (oberes Bildende) die Kettfäden auseinander. Die Astgabel ist ein etwas rustikaler Ersatz für die Kreuzstäbe und soll nur zeigen, daß man auch ohne Kamm oder Inkle Loom, mit Stöckchen vom nächsten Strauch,  solche Bänder weben kann.

Das Probeband für das Leinen- und Wollgarn verziert jetzt einen Werkzeugbeutel.

Toolbag

An den baltischen Mustern liebe ich, daß es durch die regelmäßig zwischen den Musterfäden erscheinenden Fäden des Grundgewebes gut ersichtlich ist, wo es in der nächsten Reihe mit dem Muster weitergeht und man sich wiederholende Abschnitte gut von den schon gewebten ablesen kann und nicht immer auf die Vorlage sehen muß.

Das funktioniert auch bei der dreifarbigen litauischen Technik und so geht es mit diesem Gürtel gegenüber einem mit nur Komplementärmustern flott voran.

Belt Chili

Das was nicht so schnell geht und wo ich erst einmal eine halbe Stunde weben muß, um in einen Rhythmus zu kommen, hebe ich mir für den nächsten Winter auf. Die Kette ist 40 cm breit und besteht aus doppelt genommener Wolle Nm30/2. Diese dünnen Fäden beim Fachwechsel nicht zu zerreißen ist eine Herausforderung, aber mit Geduld funktioniert es.

Rot und Schwarz Anfang bearbeitet Kopie

 

 

Bruder Murúas Rätsel

Vor einiger Zeit las ich einen Artikel von Lynn Meisch im Natural History Magazine. Sie beschrieb Forschungsarbeiten zu einem Webmotiv auf sogenannten Fajas de Sara, das in Peru von der Zeit der Inkas bis jetzt benutzt wird. Erstmalig dokumentiert wurde es im 16. Jahrhundert zur spanischen Kolonialzeit vom Missionar Martín de Murúa, allerdings in einer sehr kryptischen Form. Im Artikel sind die Motive in einem Fundstück aus der Inka-Zeit und in Gürteln aus der heutigen Zeit abgebildet.

Irgendwo hatte ich das schon gesehen. Laverne Waddington hatte 2016 in ihrem Blog eine Weberin aus San Ignacio de Loyola (Peru) abgebildet, die Gürtel mit eben diesem Motiv und vielen Litzenstäben anfertigt.

Also versuchte ich, mit Hilfe des o.g. Artikels und den Fotos darin aus Murúas Zahlen und Buchstaben einen Webbrief zu machen. Das hatte laut Artikel  zwar die Wissenschaftlerin Sophie Desrosiers vor Jahren schon getan, eine Veröffentlichung konnte ich jedoch nicht finden. Das Muster war zunächst völlig verschoben und hatte nur in Ansätzen etwas mit dem auf den Gürteln gemeinsam. Mit einem Hinweis aus Lavernes Blog, daß die Weberin eine Intermesh-Technik benutzt und einer Vergrößerung der Artikelfotos fügte sich dann alles zusammen.

 

Sara Belt Rekonstruktion

Buntes Acrylgarn, wie es in Peru heute benutzt wird,  war schnell beschafft und nachgezwirnt, so daß ich das Muster auf einer kurzen Kette zunächst probehalber ohne die vielen Litzenstäbe von Hand – nur mit den zwei Intermesh-Reihen in Litzen – eingelesen habe. Daraus ist (mal wieder) ein Backstrap entstanden.

Sara Backstrap 1

Frech geworden wollte ich es nun wissen. Also 3 m Kette geschärt und 14 Litzenstäbe angebracht! Mir grauste es ein wenig vor dem Öffnen der Fächer mit den entfernt liegenden Litzenstäben, das geht aber besser wie gedacht.

Sara Belt Kette

 

Das Motiv (Sara – Quechua für Mais) wird von Textilhistorikern als Maiskörner interpretiert, die gerade austreiben und bewässert werden. Die Gürtel mit dem Sara-Motiv wurden bei Feierlichkeiten und religiösen Handlungen der Inkas bei der Aussaat von Mais getragen.

Das nachfolgende kurze Video zeigt das Weben eines solchen Bandes mit 14 Litzenstäben. 

Mehrfarbig – mit und ohne Plan

Im backstrapweaving-Forum auf Ravelry habe ich vor zwei Wochen einen Hinweis auf eine sehr interessante Anleitung von Annie MacHale zum Weben dreifarbiger Muster gefunden. Sie hat einseitige dreifarbige Webmuster von litauischen Gürteln analysiert und herausgefunden, wie diese gewebt werden. Der Einzug für diese Muster kam mir bekannt vor. Ich habe eine Manta aus dem Gebiet um Lares / Peru, bei der die Kette für  ein dreifarbiges Komplementärmuster auf genau diese Art geschärt war. Dieses Muster konnte ich jedoch bisher nicht weben.

Einzug dreifarbig Kopie  Musterbereich in Leinenbindung

chilli-chilli-dreifarbig-kopie.jpg

dreifarbiges Muster mit diagonalem Farbverlauf

Annies Anleitung ist für Muster, die nicht komplementär sind. Die Unterseite zeigt das melierte Grundgewebe und in den Musterbereichen ist der Schußfaden sichtbar.

Es war jedoch nicht schwierig herauszufinden, wie man das Muster (so wie in der Manta) auch auf die Unterseite bekommt.

Hier die Bilder vom nachgewebten Muster, Vorder- und Rückseite:

Das ist die Weberei „ohne Plan“ 😉 . Es ist nur schwer möglich, diese Muster in einem Webbrief so aufzuzeichnen, daß das Ganze nicht verwirrend ist. Das Muster lebt von den Flottierungen, das Hintergrundgewebe ist durch sie verdeckt. Natürlich kann man es fadengenau – für jeden Faden ein Kästchen – darstellen, bekommt aber dann durch das Hintergrundgewebe eine Ansammlung bunter Kleckse, die einen vor allem dann durcheinanderbringt, wenn man versucht, wie bei pebble weave  zu zählen. Wenn man den Aufbau der Muster einmal verstanden hat, kann man problemlos nach Foto oder einem fertigen Stück Stoff als Vorlage weben.

 

Mit drei Farben ist aber noch mehr möglich. In (1)  und (2) sind einige Arten beschrieben.

Zunächst das nicht komplementäre dreifarbige pebble-weave Muster (analog Band 15 in (1)). Dieses ist einseitig, die Unterseite zeigt das Muster nicht klar, dafür ist es nicht so schwierig zu weben.  Das Muster ist von einem Foto eines präkolumbischen Textils der Sammlung der Universität Erlangen (aus einer Veröffentlichung über experimentelle Archäologie) abgezeichnet.

Fisch dreifarbig Vorderseite Vorderseite

Fisch dreifarbig Rückseite Rückseite

Fisch Webbrief Webbrief

Das angefangene Muster im oberen Teil des Bandes ist komplementär analog der Beschreibung für Band 17 in (1) gewebt. Hier handelt es sich schon um eine spezielle Art Doppelgewebe, das Muster erscheint gegengleich auf Vorder- und Rückseite. Diese Webart ist deutlich schwieriger, da für das Muster auf der Unterseite ein zweites Fach in den richtigen Farben gebildet werden muß.

In (2) ist das Weben doppelseitig komplementär gemusterter  Textilien mit noch mehr Farben beschrieben, hier ein Beispiel mit vier Farben:

 

Das mittlere Bild zeigt alle 8 möglichen Farbvarianten. Das Schären der Kette und das Anbringen der Litzen braucht viel Zeit, das Weben geht durch die doppelte Fachbildung und das Einlesen der Muster sehr langsam. Die unteren zwei Bilder zeigen gegenüberliegende unterschiedliche Motive auf Vorder- und Rückseite des Bandes, die Stecknadel dient als Anhaltspunkt. Auch das ist möglich, es ist einfacher, als die in (2) beschriebene komplizierte Technik, dauert aber.

Auf einer Webseite habe ich ein im Original dreifarbiges Muster einer mythischen Figur auf einer Ch’uspa (Tasche für Kokablätter) gefunden. Die Tasche ist aus präkolumbischer Zeit – Chimu- oder Chancay-Kultur – und in der Art des oben gezeigten einseitigen Fischmusters gewebt.

Ich habe daraus ein vierfarbiges Muster gemacht, bei dieser Breite kann man in der Stunde maximal 2 bis 3 cm weben.

 

Frog front Kopie 2 Vorderseite

 

Frog back Kopie 2 Rückseite

 

Frosch 84MF Kopie  Webbrief

 

(1)  „The Art of Bolivian Highland Weaving“ von Adele Cahlander und Marjorie Carson;  1976

(2) „Double-Woven Treasures from Old Peru“ von Adele Cahlander und Suzanne Baizerman; 1985

Färbefest 2018

Dieses Jahr fand am 25. August in Neckeroda / Thüringen das 20. Färbefest statt. Das im 13. Jahrhundert gegründete Dorf im Weimarer Land ist von drei Seiten mit einer Wallanlage aus dem 17. Jahrhundert umgeben und wirkt daher sehr in sich geschlossen.  Auf den Straßen im Ortskern und in privaten Höfen wurden handwerklich hergestellte Dinge verkauft, Handwerk vorgeführt und Musik gemacht.

Blick ins Dorf

Viele Eigentümer pflegen und erhalten die alte Bausubstanz.

Fachwerkhaus

Im Ort befindet sich ein Färbezentrum, der hier ansässige Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Färben mit Pflanzen wiederzubeleben und vor dem Vergessenwerden zu bewahren. Vor der massenhaften Einführung des Indigo aus Kolonien nach Europa war Thüringen ein Zentrum des Anbaus von Färberwaid.

Die Handspinngilde war auch wieder vor Ort, um das alte Handwerk des Spinnens mit Spinnrad und Handspindel vorzuführen.

Handspinngilde Vorfuehrung

Dazu hatte ich noch eine kleine Ausstellung mit pflanzengefärbter Wolle, handgesponnenem Webgarn und einigen auf dem backstrap loom gewebten Sachen  gemacht.

Ausstellung Maja

Da das Wetter nicht schlecht war, bin ich mit der angefangenen Tasche aus Wolle auf dem Gurtwebgerät rausgegangen und habe ein Stück gewebt. Viele Leute waren sehr neugierig und erstaunt, daß man auch ohne großen Aufwand Muster weben kann. Einige wenige hatten diese Technik während einer Reise durch Peru schon gesehen.

Es gab auch Kommentare, bei denen ich mir einen passenden Spruch sehr verkneifen mußte: „Mutti, was macht die Frau?“ „Sie strickt.“ oder „Was für eine Strafarbeit!“ oder „Wenn ich das eine halbe Stunde machen müßte, könnten sie mich in die Klapsmühle bringen!“

Bei vielen überwog dann aber das Entsetzen, wie lange das Weben auf diese Weise dauert. Einige fingen an zu rechnen, was das dann kosten würde.

So ist der Zeitgeist.